Die Vollstreckung europäischer Bußgeldbescheide in Deutschland
24.04.2020
Regelmäßig vor Beginn der Sommerferien wird sowohl von Automobilclubs als auch in der Presse deutlich auf im Ausland geltende Verkehrsvorschriften hingewiesen. Die Zeiten, in denen ein Verkehrsverstoß im EU-Ausland nach der Rückkehr folgenlos blieb, sind schon länger vorbei. In Deutschland sorgt seit Oktober 2010 ausschließlich das Bundesamt für Justiz (BfJ) dafür, dass Geldbußen und -strafen aus anderen Mitgliedstaaten der EU eingefordert werden.
- Bescheide ausländischer Behörden bzw. des ausländischen Gerichts sollten grundsätzlich auf mögliche Einwendungen überprüft werden
Doch bevor es zur Vollstreckung kommen kann, wird dem Betroffenen in einem ersten Schritt der Bescheid der ausländischen Behörde zugehen. Bereits in diesem Stadium sollte stets ein Anwalt hinzugezogen werden, zur Überprüfung, inwieweit bereits in diesem Stadium Einwendungen erhoben werden müssen. Insbesondere bei der sogenannten Halterhaftung ist Vorsicht geboten. So gilt z.B. in den Niederlanden, sofern man nichts anderes nachweist, im Gegensatz zum deutschen Recht die Halterhaftung.
So hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 05.12.2019 (EuGH ECLI:EU:C:2019:1054)) folgenden Fall zu entscheiden: Eine niederländische Behörde hatte gegen einen polnischen KfZ-Halter wegen eines Verkehrsverstoßes eine Geldbuße erlassen. Nach Zustellung des Bescheides hatte der Betroffene keinen Rechtsbehelf eingelegt, sodass der Bescheid bestandskräftig wurde. Die niederländische Behörde beantragte dann eine Anerkennung und Vollstreckung der bestandkräftigen Entscheidung in Polen. Erst im Vollstreckungsverfahren machte der Betroffene geltend, dass das betreffende Fahrzeug zur Tatzeit nicht mehr sein eigenes gewesen sei, seinen Versicherer habe er entsprechend informiert, nicht jedoch die polnische Behörde. Der EuGH gelangte zu dem Ergebnis, dass dieser Einwand verspätet sei, da der Betroffene die Möglichkeit gehabt habe, diesen Einwand im Rechtsbehelfsverfahren zu erheben.
- Vollstreckungsverfahren
Ist der Bescheid bestandskräftig, folgt als nächster Schritt der Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung. Vor einer Bewilligungsentscheidung wird der Betroffene angehört und erhält Gelegenheit sich binnen zwei Wochen nach Zugang des Anhörungsschreibens zu äußern. Anschließend erfolgt die Zustellung des Bewilligungsbescheids. Hiergegen kann der Betroffene innerhalb von zwei Wochen Einspruch einlegen. Wird Einspruch eingelegt, wird das Verfahren an das für den Wohnsitz des Betroffenen zuständige Amtsgericht abgegeben. Dabei beschränkt sich der Prüfungsumfang jedoch auf die Zulässigkeit und die Bewilligungsfähigkeit des Ersuchens, § 87 b Abs. 3 IRG. Einwendungen, die im Erkenntnisverfahren gegen den Bescheid hätten geltend gemacht werden können, bleiben unberücksichtigt.
So gilt z.B., dass die Vollstreckung der Geldsanktion nicht zulässig ist, soweit sie den Betrag von 70,00 € nicht überschreitet.
Jedoch Achtung: Für Österreich beträgt die Bagatellgrenze aufgrund eines bilateralen Abkommens lediglich 25,00 €.
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Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Ronald in der Stroth