Pflichtteilsanspruch und Geschenke zu Lebzeiten


18.03.2020

Wer seine Kinder zugunsten anderer enterbt, muss stets damit rechnen, dass sich der Erbe mit Pflichtteilsansprüchen der Kinder konfrontiert sieht. Dabei wird der Pflichtteilsanspruch zunächst an Hand des hinterlassenen Vermögens zum Zeitpunkt des Todes berechnet. Damit der Nachlass jedoch nicht durch lebzeitige Schenkungen ausgehöhlt wird, ordnet das Gesetz an, dass Schenkungen der letzten zehn Jahre dem Nachlass fiktiv zugerechnet werden und dem Pflichtteilsberechtigten ein sogenannter Pflichtteilsergänzungsanspruch aus dem so erhöhten Nachlasswert zusteht. Allerdings gilt auch, dass der Pflichtteilsberechtigte Wegschenkungen des Erblassers beweisen muss. Vorliegend hatte das OLG München (Az. 7 U 3222/18) folgenden Fall zu entscheiden: Der Vater war in zweiter Ehe verheiratet. Er hatte zwei Töchter aus erster Ehe. Zu Lebzeiten erzählt der Vater seiner Familie, er habe zwei Eigentumswohnungen gekauft, stehe jedoch nicht im Grundbuch. Im Grundbuch eingetragen wurde seine zweite Ehefrau. Da die Ehefrau Alleinerbin wird, machen die beiden Töchter ihren Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend, mit der Begründung, ihr Vater habe der Stiefmutter die beiden Wohnungen geschenkt, zumindest den Erwerb finanziert. Die Stiefmutter wendet ein, sie habe die Wohnungen selbst erworben und aus eigenen Mitteln finanziert. Das OLG München sprach den Töchtern den Pflichtteilsergänzungsanspruch ab. Da der Vater nicht im Grundbuch eingetragen war, konnte er nicht Eigentümer der Wohnungen gewesen sein, sodass eine Schenkung insofern nicht greift. Die Behauptung, der Vater habe die Wohnungen finanziert, konnten die Töchter nicht nachweisen, dies wäre aber notwendig gewesen, denn sie trifft die Beweislast. Nachdem die Stiefmutter dargelegt hat, wie sie die Wohnungen finanziert hat, wäre es Aufgabe der Töchter des Verstorbenen gewesen, das Gegenteil zu beweisen. Allein die Aussage des Vaters zu Lebzeiten sah das Gericht als nicht ausreichend an. 


Ansprechpartner: Rechtsanwältin Dr. Dietenmaier