Anfechtung der Ausschlagung wegen falscher Überzeugung von Überschuldung
17.06.2021
Eine plötzliche und unerwartete Erbschaft führt oft zu der Frage, wie zu verfahren ist, insbesondere dann, wenn man den Nachlass in einem chaotischen Zustand vorfindet. Oft geht der Rat dann schnell dahin, die Erbschaft auszuschlagen, um nicht für die Schulden des Verstorbenen zu haften. Stellt sich dann im Nachhinein heraus, dass der Nachlass einen nicht zu vernachlässigenden Wert hat, kann im Einzelfall eine Anfechtung der Ausschlagungserklärung einen Ausweg bieten.
Einen solchen Fall hatte das OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.11.2020, I-3 Wx166/20 zu entscheiden. Der Erblasser war kinderlos verstorben. Er wurde in seiner völlig verwahrlosten Wohnung tot von der Polizei aufgefunden. Im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge wurde sein Cousin zum Erben berufen. Der Wert des Nachlasses war nicht bekannt und nach Auskunft des Nachlassgerichts wurden die Bestattungskosten von der öffentlichen Hand bezahlt. Der Cousin ging aufgrund dessen von einer Überschuldung des Nachlasses aus und schlug die Erbschaft aus.
Als jedoch der vom Nachlassgericht bestellte Nachlasspfleger ein nicht unerhebliches Vermögen feststellte, focht der Cousin seine Ausschlagungserklärung an und begründete dies damit, dass er den ihm erteilten Auskünften vertraut habe. Das OLG Düsseldorf entschied, dass die Anfechtung zu Recht erfolgt sei. Ein Irrtum über die Überschuldung des Nachlasses gewähre dem Ausschlagenden ein Anfechtungsrecht, soweit der Irrtum bezüglich der Überschuldung auf falschen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses beruht. Da sich der Cousin bemüht habe Einzelheiten zum Nachlass in Erfahrung zu bringen und Auskünfte bei den mit der Sache befassten öffentlichen Stellen eingeholt hat, durfte er davon ausgehen, dass er die Umstände abschließend geklärt hat. In diesem Fall sei die Anfechtung wegen eines Eigenschaftsirrtums gerechtfertigt.
Ansprechpartner: Rechtsanwältin Dr. Petra Dietenmaier