Kein Ausschluss des Ehegattenerbrechts trotz anhängigem Scheidungsverfahren

15.06.2021

Der zwischen dem 02.05.2019 und dem 11.05.2019 verstorbene Erblasser lebte seit 2001 von seiner Ehefrau getrennt. Im Oktober 2008 beantragte der Erblasser die Scheidung. Ein zunächst anberaumter Verhandlungstermin wurde aufgehoben, weil außergerichtliche Verhandlungen bezüglich des nachehelichen Unterhalts und Zugewinnausgleichs liefen. Die Ehefrau des Erblassers wollte ohne Klärung dieser Folgesachen nicht geschieden werden.

Das Verfahren wurde dann von den Parteien nicht mehr weiter betrieben. Die außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen gingen noch bis Ende 2009. Dann einigten sich die Eheleute darauf, dass das Scheidungsverfahren wegen der Nachteile nach dem neu geltenden Versorgungsausgleich derzeit nicht weiterbetrieben werden soll. Der Erblasser verpflichtete sich zu einer monatlichen Unterhaltszahlung, die er bis zu seinem Tod erbrachte. Das Scheidungsverfahren wurde bis zum Erbfall nicht wieder aufgenommen. Der Erblasser hinterließ kein Testament. Nach seinem Tod beantragte der Bruder des Erblassers einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte.

Dem widersprach die Noch-Ehefrau des Erblassers. Das Nachlassgericht hat den Erbscheinsantrag zurückgewiesen, die hiergegen eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg. Da der Erblasser kein Testament hinterlassen hat, gilt die gesetzliche Erbfolge. Das Nicht-Betreiben des anhängig gemachten Scheidungsverfahrens über einen längeren Zeitraum ist als Rücknahme des Scheidungsantrags zu behandeln, mit der Folge, dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Ehegattenerbrechts nicht mehr vorliegen. Da der Erblasser auch nach dem Scheitern der außergerichtlichen Verhandlungen das Scheidungsverfahren über fast 10 Jahre nicht weiterbetrieben hat, ist dies als Rücknahme des Scheidungsantrags zu werten (OLG Hamm, Beschluss vom 22.01.2021, 10 W 33/20).

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