EuGH Urteil vom 26.03.2020 – kein neuer Widerrufsjoker!

02.06.2020

Nur wenige Tage nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 26.03.2020 in der Rechtssache C-66/19, zu einem streitigen Kaskadenverweis in Widerrufsinformationen hat der Bundesgerichtshof (BGH) der in der Öffentlichkeit vertretenen Auffassung, dass nunmehr die bisher vom BGH vertretene Gesetzlichkeitsfiktion gekippt werden muss, eine deutliche Abfuhr erteilt.

Zum Sachverhalt: Hintergrund ist eine Formulierung in der Muster-Widerrufsbelehrung der Banken. Diese verweist für weitere Informationen zum Beginn der Widerrufsfrist einfach auf das Gesetz, genauer gesagt auf § 492 BGB. Diese Vorschrift verweist auf weitere Paragraphen und diese wieder in andere Gesetze und so weiter. Diese Verweise sind unter Juristen als sogenannte Kaskadenverweise bekannt. Strittig war nunmehr, ob eine derartige Widerrufsbelehrung klar und verständlich ist.

Die EuGH- Richter gelangten zu der Auffassung, dass dieser Kaskadenverweis gegen die 2010 in Kraft getretene EU-Richtlinie 2008/48 über Verbraucherkreditverträge verstößt. Danach sind Kunden in „klarer, prägnanter Form“ zu informieren.

Dies hört sich aus Verbrauchersicht zunächst gut an, da es ihnen eine Möglichkeit zum späteren Widerruf zu öffnen scheint. Zu beachten ist jedoch, dass der deutsche Gesetzgeber 2010 in einem amtlichen Mustertext diesen Kaskadenverweis auf § 492 Abs. 2 BGB aufgenommen und dadurch eine sogenannte „Gesetzlichkeitsfiktion“ geschaffen hat. Das heißt: Banken, die das amtliche Muster unverändert übernommen haben, können sich darauf berufen, dass sie sich an geltende deutsche Gesetze gehalten haben.

Genau das hat der BGH in seinem Beschluss vom 31.03.2020 – XI ZR 198/18 – zum Autokredit bestätigt. Dabei ist unbeachtlich, ob das nationale Recht den Vorgaben der Verbraucherkreditrichtlinie genügt oder nicht. So hat der EuGH bereits mehrfach betont, dass die „Verpflichtung zur unionrechtskonformen Auslegung nicht als Grundlage für eine Auslegung contra nationalem Recht“ dienen darf.

Des Weiteren hat der BGB in seinem Beschluss vom 31.03.2020 – XI ZR 581/18 ausgeführt, dass die EuGH-Entscheidung keine Relevanz für grundpfandrechtlich besicherte Immobiliendarlehensverträge hat, denn insofern finde die Verbraucherkreditlinie nach ihrem Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und c keine Anwendung. Wie nationale Vorschriften auszulegen sind, die nicht vom Anwendungsbereich des Unionsrecht erfasst werden, und ob ihre Auslegung durch das vorlegende Gericht richtig ist, falle ausschließlich in den Zuständigkeitsbereich der nationalen Gerichte. Ebenso führt der BGH aus, dass das deutsche Recht schon vor der Verabschiedung der Verbraucherkreditlinie eine Regelung für solche Verträge vorgesehen hat und diese als richtlinienkompatibel angesehen wurde. Hiervon ausgehend habe der deutsche Gesetzgeber es lediglich als sachgerecht angesehen, die Vorschriften für den Verbraucherkredit und für grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen zusammen zu führen. Somit bleibe es dabei, dass die Widerrufsinformation mit Kaskadenverweis klar und verständlich ist.

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