Formgerechtes Testament: Wer muss was beweisen?

11.08.2023

Grundsätzlich gilt, dass die testamentarische Erbfolge die gesetzliche Erbfolge ausschließt. Hierzu ist jedoch erforderlich, dass eine formgerechte und auch wirksame letztwillige Verfügung vorliegt. Soweit kein notarielles Testament vorliegt, ist dies dann der Fall, wenn der Erblasser das Testament eigenhändig geschrieben und unterschrieben hat.

Wird der gesetzliche Erbe aufgrund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, ist in vielen Fällen Streit vorprogrammiert. Mit einem solchen Fall hatte sich das Oberlandesgericht (OLG) Rostock, Beschluss vom 22.03.2022, 3 W 128/19 auseinanderzusetzen. Der Erblasser, Witwer, verstarb 2016 und hinterließ einen Sohn. Von diesem wurde aufgrund gesetzlicher Erbfolge beantragt, einen Erbschein des Inhalts zu erteilen, dass er alleiniger gesetzlicher Erbe nach dem Erblasser geworden ist. Der Erbschein wurde wie beantragt erteilt. Nachdem vom Nachbar ein Testament vorgelegt wurde, laut dem der Nachbar Alleinerbe sein sollte, wurde der Erbschein eingezogen. Der Nachbar beantragte nunmehr seinerseits den Erlass eines Erbscheins und der Sohn des Erblassers legte gegen den Beschluss, mit welchem der Erbschein eingezogen wurde, Beschwerde ein.

In einer umfangreichen Beweisaufnahme musste nunmehr geklärt werden, ob das vom Nachbar vorgelegte Testament vom Erblasser gefertigt und unterschrieben wurde. Sowohl das Amtsgericht als auch das Oberlandesgericht konnten diese Überzeugung nicht gewinnen. So konnte nicht geklärt werden, ob der Erblasser noch in der Lage war ein handschriftliches Testament zu erstellen und zu unterschreiben. Da im Erbscheinsverfahren derjenige die Beweislast trägt, der sich auf das formgerechte Testament beruft, der Nachbar jedoch den Beweis der formgerechten letztwilligen Verfügung des Erblassers nicht führen konnte, wurde sein Antrag auf Erteilung eines Erbscheins abgewiesen. Der Sohn des Erblassers wurde somit rechtskräftig als Erbe anerkannt.

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Ansprechpartner: Rechtsanwältin Dr. Petra Dietenmaier