Gilt die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ auch auf öffentlichen Parkplätzen?
13.04.2023
Nein, grundsätzlich gilt bei Parkplätzen ohne eindeutige Regelung, dass die Autofahrer aufeinander Rücksicht nehmen müssen und sich jeweils über die Vorfahrt verständigen müssen, so Urteil des Bundesgerichthof (BGH) vom 22.11.2022, VI ZR 344/21.
Sachverhalt: Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadenersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall auf dem Parkplatz eines Baumarktes geltend. Die Parkbuchten waren markiert, dazwischen befanden sich teilweise kreuzende Fahrspuren. Eine Beschilderung zur Vorfahrtsregelung bestand nicht. Der Kläger befuhr mit seinem Fahrzeug die zwischen den Parkplätzen befindliche Fahrgasse, der Beklagte kam aus Sicht des Klägers mit seinem Fahrzeug von links. Die erste und zweite Instanz gelangten zur einer Haftungsquote 70/30 zu Gunsten des Klägers, die hiergegen vom Kläger eingelegte Revision blieb ohne Erfolg.
Deutlich wies der BGH darauf hin, dass die in der StVO geregelte Vorfahrtsregelung auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz ohne ausdrückliche Regelung keine Anwendung findet. Ein Parkplatz sei im Ganzen betrachtet keine Straße, sondern eine Verkehrsfläche, die in jeder Richtung befahren werden darf. Allein durch die Markierung der Parkflächen und Fahrspuren, würden die Fahrspuren keinen Straßencharakter erhalten. Sie würden nicht, wie Straßen, der möglichst zügigen Abwicklung des fließenden Verkehrs dienen, sondern nur dem Be- und Entladen, wobei die Fahrbahnen sowohl von Kraftfahrzeugen als auch von Fußgängern benutzt werden. Nur ausnahmsweise, wenn eine besondere bauliche Gestaltung der Fahrspuren gegeben ist, die Fahrbahnen nicht der Aufteilung und unmittelbaren Erschließung der Parkflächen dienen, sondern in erster Linie der Zu- und Abfahrt und damit dem fließenden Verkehr, könnte der Straßencharakter bejaht werden. Diese Voraussetzung dürfte jedoch bei den wenigsten öffentlichen Parkplätzen zu bejahen sein.
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