Kein Widerspruch bei nur geringfügigen Belehrungsfehler in der Widerspruchsbelehrung?

04.07.2023

Sachverhalt: Die Kläger machen aus abgetretenem Recht Ansprüche aus Bereicherungsrecht geltend. Die Versicherungsnehmer hatten mit der Beklagten fondsgebundene Lebens- bzw. Rentenversicherungen, Versicherungsbeginn 01.11.2002 bzw. 01.12.2002, abgeschlossen. Die Widerspruchsbelehrung lautete auszugsweise wie folgt:

„Der Vertrag gilt (…) als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der genannten Unterlagen schriftlich widersprechen. (….) Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs an uns.“

Die Versicherungsbeiträge wurden in der Folgezeit bezahlt. Die Versicherungsnehmer haben dann im April 2017 bzw. März 2018 die Versicherungsverträge gekündigt. Die Beklagte zahlte an die Versicherungsnehmer den Rückkaufswert aus. Im März 2018 erklärten die Versicherungsnehmer den Widerspruch nach § 5 a VVG a.F. und machten Ansprüche aus bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung geltend. Sowohl das Landgericht Berlin als auch das Kammergericht Berlin sahen den geltend gemachten Anspruch als unbegründet an. Die eingelegte Revision blieb ohne Erfolg.

Auch der Bundesgerichtshof (BGH) gelangte zu dem Ergebnis, dass die Versicherungsnehmer in 2018 den Widerspruch nicht mehr wirksam erklären konnten, BGH, Urteil vom 15.02.2023, IV ZR 353/21.

Die Widerspruchsbelehrung enthalte zwar eine unrichtige Information über die Form der Widerspruchserklärung. Die Belehrung wies auf ein Recht zum schriftlichen Widerspruch hin, obwohl nach § 5 a I 1 VVG in der ab 01.08.2001 gültigen Fassung ein Widerspruch in Textform genügte, daraus ergebe sich jedoch kein fortbestehendes Widerspruchsrecht der Versicherungsnehmer. Durch den Belehrungsfehler werde dem Versicherungsnehmer nicht die Möglichkeit genommen, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unten denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben. Auch war im streitigen Fall entscheidend, dass die Versicherungsnehmer die Versicherungsverträge in Vollzug gesetzt und über mehrere Jahre durchgeführt haben und zudem die Verträge für die Zukunft und nicht rückwirkend beendet wurden. Ebenso sei zu berücksichtigen, dass der Widerspruch erst nach Auszahlung des Rückkaufswertes erklärt wurde.

Demgegenüber verneinte der BGH (Urteil vom 15.03.2023, IV ZR 40/21) einen geringfügigen Mangel bei der folgenden Widerspruchsbelehrung:

„Den Abschluss dieses Vertrages können Sie innerhalb von 14 Tagen ab Zugang dieser Unterlagen widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.“

Aufgrund der Tatsache, dass die Belehrung keinen Hinweis auf die ab 01.08.2001 erforderliche Textform enthalte, bestehe die Gefahr, dass dem Versicherungsnehmer überlassen wird, die für einen wirksamen Widerspruch erforderliche Form zutreffend zu bestimmen, mit der Folge, dass der Widerspruch ggf. unwirksam ist. Allein dem Hinweis, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genüge, könne der Versicherungsnehmer nicht entnehmen, dass der Widerspruch in Textform erforderlich, aber auch ausreichend ist. Vielmehr bestehe die Gefahr, dass der Versicherungsnehmer meint, dass auch ein formloser Widerspruch ausreichend ist.

Fazit: Die Voraussetzungen für einen geringfügigen Belehrungsmangel sind eng auszulegen, wie sich auch aus der Entscheidung des BGH vom 15.03.2023 ergibt.

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Ansprechpartner: Rechtsanwältin Dr. Petra Dietenmaier