Kündigungsbeschränkung bei einem Wohnungserwerb; die Eigenbedarfskündigung bei einer Personengesellschaft
16.08.2024
Mit Urteil vom 10.07.2024, VIII ZR 276/23, hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass als Familienangehörige im Sinne des § 577 a Abs. 1 a Satz 2 BGB (Ausnahme von der Kündigungsbeschränkung bei einem Wohnungserwerb) sowie gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nur diejenigen Personen anzusehen sind, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gemäß § 383 ZPO, § 52 StPO zusteht.
Zum Sachverhalt: Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, hat das Gebäude, in dem sich die Mietwohnung der Beklagten befindet erworben. Die Klägerin ist damit in das bestehende Mietverhältnis eingetreten. Zum Zeitpunkt des Erwerbes hatte die Klägerin zwei Gesellschafter, die Cousins sind.
Nach dem Erwerb wurde von der Klägerin die Kündigung wegen Eigenbedarfs ausgesprochen. Die Beklagten hielten die Kündigung für unwirksam und beriefen sich auf die Kündigungsbeschränkung des § 577 a Abs. 1 a Satz 1, Abs. 2 BGB i.V.m. § 2 der Kündigungsschutzklausel-Verordnung des Landes Berlin vom 13. August 2013. Danach gilt, dass wenn vermieteter Wohnraum an eine Personengesellschaft veräußert wird, sich die Personengesellschaft erst nach Ablauf von zehn Jahren seit der Veräußerung für eine Kündigung der Wohnung gegenüber dem Mieter auf berechtigte Interessen im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BGB berufen kann. Diese Kündigungsbeschränkung gilt jedoch dann nicht, soweit die zum Zeitpunkt des Eigentumserwerbs vorhandenen Gesellschafter derselben Familie angehören. Das Amtsgericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht hob das erstinstanzliche Urteil auf und gab den Klägern recht, mit der Begründung, Cousins würden im Sinne dieser Vorschrift derselben Familie angehören.
Die hiergegen von den Beklagten eingelegte Revision hatte Erfolg.
Der BGH entschied, dass den Begriffen „Familie“ in § 577 a Abs. 1 a Satz 2 BGB und „Familienangehörige“ in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB dieselbe Bedeutung zukommt. In beiden Fällen werde von einer besonderen sozialen Bindung ausgegangen. Eine Konkretisierung habe der Gesetzgeber bei der Gewährung eines Zeugnisverweigerungsrechts aus persönlichen Gründen vorgenommen. Im Rahmen dieser Vorschriften habe der Gesetzgeber objektive Kriterien nach dem Grad der familiären Beziehung aufgestellt und hierdurch einen Personenkreis definiert, innerhalb dessen nach seiner Auffassung typischerweise eine persönliche Nähebeziehung besteht. Diese gesetzgeberischen Wertungen können, so der BGH, auch auf die Regelungen in § 577a Abs. 1 a Satz 2 BGB und 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB übertragen werden, sodass unter dem Begriff „Familie“ und „Familienangehörige“ nur die Personen erfasst werden, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gemäß § 383 ZPO, § 52 StPO zusteht. Cousins erfüllen diese Voraussetzung nicht. Die von der Gesellschaft ausgesprochene Kündigung war damit unwirksam.
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